Empfehlungen für Ausschreibungen und Bestellung von Regiosaaten

Leider entspricht in Deutschland ein hoher Anteil des ausgebrachten Saatguts nicht den Naturschutzgesetzen oder anderen ausgeschriebenen Anforderungen.  Ungenauigkeiten bei der Leistungsbeschreibung können hierzu beitragen, da der ausführende Betrieb diese verständlicher Weise zu seinen Gunsten auslegen wird.

Auf eine möglichst detaillierte Leistungsbeschreibung kommt es an!

Ausschreibende Stellen können verschiedene qualitätssichernde Vorgaben machen, die sicherstellen, dass tatsächlich das gewünschte Saatgut durch den Auftragnehmer  geliefert und angesät wird.

„Oder gleichwertig“ VOB/A § 7, VOL/A § 7 Abs. 4

Mit den Änderungen der VOB 2012 ist es fast immer geboten, den Zusatz „oder gleichwertig“ zu verwenden. Die Frage der Gleichwertigkeit von Leistungen und Materialien ist jedoch ein Punkt, der immer wieder zu Auseinandersetzungen führt.

Dennoch hat die öffentliche Hand eine sogenannte „Beschaffungsfreiheit“ (OLG Düsseldorf v. 17.02.2010 Verg 42/09 und OLG Karlsruhe  v. 15.11.2013 – 15 Verg 5/13). Sie können z.B. als Behörde entscheiden, Ihr ökologisches Ausgleichskonzept nur mit Saatgut nach den Standards des VWW – Label umzusetzen. Sie dürfen dann das Label VWW-Regiosaaten® zusammen mit „oder gleichwertiger Art“ nennen.

Wurde nun aber bei einer Position ein, nach Meinung des Bieters, gleichwertiges Material angeboten, so hat er die Verpflichtung, die Gleichwertigkeit auch nachzuweisen. Dabei darf sich die Gleichwertigkeit in Bezug auf Saatgut nicht nur auf die angebotene Artenzusammensetzung oder Keimfähigkeit und Reinheit beschränken.

Hummel an LychnisVielmehr müssen beispielsweise auch folgende Qualitätskriterien regionalen Wildsaatguts berücksichtigt werden:

  • Gesicherte Herkunft des Saatguts aus dem Ursprungsgebiet gemäß Regionenkarte nach Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV)
    Durch regionale Herkunft wird die innerartliche Vielfalt gewährleistet.
  • Vermehrungsflächen werden auf Anfrage mitgeteilt
    Nur die Angabe von Anbauflächen für jede Art bietet die Möglichkeit nachzuprüfen, ob Einzelarten im Naturraum in plausibler Menge verfügbar sind.
  •  ausschließliche Verwendung der Wildformen von Kräutern, Leguminosen und Gräsern
    Die Artenvielfalt der angesäten Mischung bleibt durch konkurrenzschwächere Wildformen von Gräsern und Leguminosen langfristig erhalten und Pflegekosten werden durch die geringere Massebildung von Wildgräsern und -leguminosen reduziert. Wildarten tolerieren schwierige Standortverhältnisse besser als Kulturformen.
  •  eindeutige Deklaration, sollten Mischungen dennoch Kulturformen enthalten

VWW-Regiosaaten® gewährleisten eine lückenlose Zertifizierung und Kontrolle aller Anbaubetriebe, auch der Auftragsvermehrer. Durch die gänzlich unabhängige Zertifizierungskommission ist ein Höchstmaß an Objektivität bei der Vergabe des Zertifikats garantiert.

Letztendlich entscheidet der Auftraggeber, ob er das angebotene Produkt als gleichwertig erachtet.

Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Ausschreibende möglichst konkrete Vorgaben machen, darunter auch die prozentualen Mischungsanteile aller Arten in der Mischung. Es sollten nie Mischungen von Zuchtformen mit Wildformen aufgestellt werden, ausgenommen Mischungen mit einjährigen Kulturarten als Übergangsarten.

hier finden Sie eine Muster-Leistungsbeschreibung

 „Rückstellprobe“

Nach Erteilung des Auftrags sollte auf der Baustelle vor Ausbringung des Saatgutes eine Rückstellprobe (Muster) aus den gelieferten Gebinden von einem bestellten amtlichen Probenehmer gezogen und zur Untersuchung oder Aufbewahrung ohne Einfluss des AG weitergereicht werden. Die Probe kann von einem anerkannten Labor auf Arten und deren Mischungsanteile und anschließend über eine Isotopenbestimmung auf Vermehrungsorte geprüft werden.

Saatgutkontrolle, Keimversuche, Tetrazoliumtest, Bestimmung (Foto: U. Baum, 2006)

Die Lieferung gebietsfremder Arten kann häufig nur durch eine Überprüfung mit Isotopen- oder Genanalysen aufgedeckt werden, sofern keine morphologischen Merkmalsunterschiede zwischen der regionalen und der ausländischen Herkunft bestehen. In Verdachtsfällen erhalten Sie weitere Informationen in der Geschäftsstelle des VWW.